Das Bundesverfassungsgericht hat den Solidaritätszuschlag auch 30 Jahre nach dessen Einführung noch für verfassungsgemäß erklärt. Der Solidaritätszuschlag wurde 1995 als Ergänzungsabgabe gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 Grundgesetz zur Kostentragung im Rahmen der Wiedervereinigung eingeführt. Er wird als Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie Kapitalerträge erhoben und beträgt 5,5 Prozent. Seit 2021 müssen ihn nur noch Besserverdienende, Unternehmen und Kapitalanleger zahlen. Für 90 Prozent der Steuerpflichtigen wurde er bereits abgeschafft.

Hintergrund:
Sechs FDP-Abgeordnete blieben mit ihrer Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg. Sie hatten gerügt, dass die Weitererhebung des Solidaritätszuschlags eine Verletzung ihrer Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes sei. Es sei zudem eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, dass seit einigen Jahren nur noch Besserverdienende den Solidaritätszuschlag zahlen müssen. Die Bundesregierung argumentierte dagegen unter anderem damit, dass es neben den Kosten der Wiedervereinigung inzwischen an vielen Stellen einen neuen finanziellen Sonderbedarf des Bundes gebe. Mit der Beschränkung des Solidaritätszuschlags auf Besserverdienende sei das Sozialstaatsgebot eingehalten worden. Es sei ohne Bedeutung, dass der Solidarpakt für den Aufbau Ost Ende 2019 ausgelaufen ist.

Der zum 1. Januar 1995 eingeführte Solidaritätszuschlag stellt eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 Grundgesetz dar. Das BVerfG führt in seinem Urteil aus, dass eine solche Ergänzungsabgabe einen aufgabenbezogenen finanziellen Mehrbedarf des Bundes voraussetzt, der durch den Gesetzgeber allerdings nur in seinen Grundzügen zu umreißen ist. Im Fall des Solidaritätszuschlags ist dies der wiedervereinigungsbedingte finanzielle Mehrbedarf des Bundes. Weiter führt das BVerfG aus, dass ein evidenter Wegfall des Mehrbedarfs eine Verpflichtung des Gesetzgebers begründet, die Abgabe aufzuheben oder ihre Voraussetzungen anzupassen. 

Fazit: Ein offensichtlicher Wegfall des auf den Beitritt der damals neuen Länder zurückzuführenden Mehrbedarfs des Bundes kann auch heute (noch) nicht festgestellt werden. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Aufhebung des Solidaritätszuschlags ab dem Veranlagungszeitraum 2020 bestand und besteht folglich nicht. Aber: Der Bundesgesetzgeber muss insbesondere bei einer länger andauernden Erhebung einer Ergänzungsabgabe beobachten, ob die Voraussetzungen noch vorliegen.

Quelle:Bundesverfassungsgericht | Urteil | 2 BVR 1505/20 | 25-03-2025